Sie haben acht Arme, sind extrem biegsam und landen getrocknet oder geschmort auf so manchem Teller: Oktopusse. Die junge Band Don’t Kill The Octopus aus Wedel bei Hamburg singt in ihrer gleichnamigen Single davon die Kopffüßer zu verschonen. Warum das, und woher sie kommen und wohin sie wollen, erzählen die drei Musiker im Interview.
Halloween 2014: Leif (Schlagzeug) trägt ein Oktopuskostüm, Daniel (Gesang und Gitarre) ein Fischerkostüm. Die friedliche Koexistenz hält nicht lange an. Als Daniel mit seiner Harpune auf Leif losgeht, schreit Lea (Gesang und Bass): „Don’t kill the octopus!“
Der Bandname war geboren.
Fast drei Jahre später blicken die drei Musiker auf ein Album zurück mit dem Titel Come on. Ihr Stil? Rauer, ungeschliffener Indie-Garage-Rock, der sofort in die Beine geht. Die Gesangspassagen, abwechselnd gesungen von Daniel und Lea, geben den Songs einen interessanten Kontrast. Besonders hervorstechend: Die Single „Don’t kill the octopus“, zugehörig ein witziges Musikvideo der etwas anderen Art. Schaut mal rein!
Erstaunlich, was aus einer Halloweenparty nicht alles entstehen kann! Doch woher diese Liebe zum Maritimen? Das und noch viel mehr erzählen sie im Interview: Woher sie sich kennen, ihre Herzensthemen und wo sie sich in fünf Jahren sehen.
Beim Barte des Poseidon: Warum gerade ein Oktopuskostüm und ein Fischerkostüm? Maritime Vorlieben?
Daniel: Jana, hervorragende Frage! Wir sind alle gebürtige Wedeler; dazu muss ich sagen, Wedel gehört zu Schleswig-Holstein, ist aber die letzte Station der Hamburger S-Bahn. Zu Fuß ist man in zehn Minuten in Westhamburg. Aber zurück zur Frage: Das maritime Thema ist gerade in Wedel und Hamburg allgegenwärtig. Wir haben die Elbe vor der Tür! Aus meinem Kinderzimmer konnte ich früher den Fluss sehen. Und für jeden, der in Wedel wohnt, ist es normal eine Schiffshupe zu hören und das Radio in diesen Sekunden lauter zu stellen. Also, du siehst, wo es hinführt: Unsere Halloweenkostüme lagen einfach nahe.
Leif: Außerdem hatten wir bei der Kostümüberlegung ordentlich gebechert!
Daniel: Right! Die Harpune haben wir übrigens aus einem Besenstiel und einer Klobürste aus einem bekannten Möbelhaus gebastelt.
Lea: Sah richtig echt aus (lacht).
Was kam zuerst: Die Namensfindung oder die Band?
Daniel: Beides kam relativ zeitgleich, wobei wir, bevor der Name stand, schon ein-, zweimal geprobt haben.
Lea: Ja, da haben wir allerdings noch mit anderen Drummern rumprobiert. Die haben einfach alle nicht zu uns gepasst. Glücklicherweise war Leif, der für drei Jahre von Wedel nach Greifswald gezogen war, wieder auf dem Rückweg und konnte direkt anfangen mit uns zu proben. Dann standen schon bald die ersten Songs. Ich glaube, unseren ersten Auftritt haben wir mit einem Set von fünf Songs gespielt.
Leif: Da hat der Aufbau fast länger gedauert als der Gig…
Daniel: Egal, jeder Auftritt bringt einem Musiker etwas. Die Liveperformance, das Zusammenspielen, die Interaktion mit dem Publikum, all das perfektioniert sich im Laufe der Zeit. Ich glaube, das haben wir mittlerweile ganz gut drauf.

Woher kennt ihr euch?
Daniel: Leif und ich kennen uns aus der Schule. Wir haben früher schon einige Musikerfahrungen gesammelt. Ich musste im Abi ein Projekt für Schüler der 9. und 10. Klasse anbieten, es hieß „Rock- und Popgeschichte“. Da saß Leif drin und es kam dazu, dass wir angefangen haben in seinem Keller unsere erste Punkband zu gründen.
Leif: Genau, und Lea kennen wir durch eine Freundin. Mit Bassspielen hatte sie bis dato aber gar nichts am Hut.
Lea: Ich habe vorher nur Klavier gespielt und gesungen, aber höchstens in Schülerbands oder sowas. Also haben wir einen Bass gekauft und Daniel hat mir zum Wohle der Band das Bassspielen beigebracht.
Daniel: Aber alle denken immer, Lea spielt ihr Instrument schon länger als wir unsere….
Leif: Und nun ist es, als wäre es schon immer so gewesen. Dabei spielen wir erst seit knapp zwei Jahren zusammen, haben aber schon unser erstes Album aufgenommen, spielen so viele Gigs wie möglich und arbeiten zur Zeit an unserem zweiten Album.
Daniel: Zwischendurch drehen wir noch unsere Musikvideos und geben Interviews (lacht).
„Unser Song „Don’t kill the octopus“ handelt von denjenigen, die die Natur, die Menschlichkeit, die Freiheit und das friedliche Miteinander mit Füßen treten.“ – Lea
Was bewegt euch so sehr, dass ihr Songs darüber schreiben müsst? Was sind die Themen eurer Musik, eurer Texte?
Daniel: Die meisten unserer Songs handeln von der Liebe, dem Leben und dem Hass auf diejenigen, die diese beiden Themen nicht respektieren.
Lea: Genau, unser Song „Don’t kill the octopus“ handelt von denjenigen, die die Natur, die Menschlichkeit, die Freiheit und das friedliche Miteinander mit Füßen treten.
Leif: Ich denke, jeder weiß selbst, was für Personen er damit verbindet. Es gibt ja genug.
Daniel: Mit dem Refrainteil „Don’t kill the octopus, rather kill all the human” wollen wir keinesfalls zur Gewalt aufrufen! Wir wollen nur aufzeigen, dass man eventuell überlegen könnte, ob nicht alle Lebewesen eine Daseinsberechtigung haben. Wir können und müssen mehr auf unsere Umwelt achten. Alles wird zerstört ohne Rücksicht auf Verluste.
Leif: Ja, irgendwann holt sich das Meer das Land zurück und dann haben die Oktopusse wohlmöglich wirklich die Welt in ihren acht Armen.
Lea: Dann ist auf jeden Fall klar, welcher Song im Meer gehört wird (lacht).
Daniel: Natürlich unser Song „Don’t kill the octopus“!

Habt ihr musikalische Vorbilder und ein paar Tipps für meine Leser?
Daniel: Vorbilder und Musiker, die einen beeinflussen, gibt es immer. Ich denke, die Musik, die man selbst schreibt, ist stark beeinflusst von der Musik, die einem gut gefällt und oft zu Ohren kommt. Ich persönlich stehe voll auf Danko Jones, Royal Republik und Royal Blood. Allerdings finde ich auch unbekanntere Bands mega inspirierend, wie die, die man auf Samplern in Musikzeitschriften entdeckt.
Leif: Die Leute sollten sich auf jedem Fall mal abseits des Mainstream umhören, es gibt so viele unbekannte Perlen da draußen.
Lea: Wir bekommen zwar immer mal wieder gesagt: „Ihr hört euch an wie die und die Band“ oder „Einige Parts eurer Songs erinnern mich an die und die Band aus den 70ern“, aber wir haben noch keine Band entdeckt, mit der wir unsere Musik zu mehr als 50 Prozent vergleichen würden.
Daniel: Aber das ist gut so! Das könnte bedeuten, dass wir eine Sparte in der Musikindustrie ausfüllen könnten, die noch Kapazitäten hat!
Und jetzt noch eine verhasste Bewerbungsfrage zum Schluss 😉 : Wo seht ihr euch in fünf Jahren?
Daniel: Oh, oh, Jana, das ist eine Frage….Vielleicht werden wir genau an dem Punkt stehen wie heute. Mit der Ausnahme, dass wir alle großen Bühnen bespielt haben, Erfahrung gewonnen haben und mächtig Geld verdient haben. Es ist möglich, dass sich das Musikgeschäft so stark ändert, dass in fünf Jahren keiner mehr auf unsere Musik steht, sodass wir uns neu erfinden und starten müssen.
Leif: Oder wir sind alle Kassierer bei Aldi.
Lea: Oder es kommt so, dass wir unser Leben lang zusammen Musik machen, touren, Alben aufnehmen und damit unser Brot verdienen.
Daniel: Jo, das ist genau das, was wir uns wünschen. Dieses Jahrhundert hat gerade erst begonnen. Wir haben die Chance die 2020er und 30er Jahre mitzubestimmen. Wäre doch richtig gut, wenn die Leute in 100 Jahre von den 20ern sprechen und diese Zeit mit Don’t Kill The Octopus in Verbindung brächten.
Das Interview führte Jana Benke. Vielen Dank an Daniel, Leif und Lea für die Zusammenarbeit und die interessanten Antworten auf meine Fragen!
Hier findet ihr das Album und mehr Infos über die Band:
www.dontkilltheoctopus.bandcamp.com
www.facebook.com/dontkilltheoctopus
Nächstes Konzert:
7. Juli 2017: Hafenfest Wedel
Auch meine Blogger-Kollegin Lena von Zeilenzunder hat einen Beitrag über Don’t Kill The Octopus geschrieben. Schaut doch mal bei ihr vorbei, dort findet ihr auch noch viel mehr Musiktipps!
© Titelbild: Silke vom Wege