Mann und Frau – diese Kombi geht immer. In Büchern, Filmen und nicht zuletzt in Liedern. Besonders in Form von Duetten. Deshalb möchte ich euch auf keinen Fall eines der schönsten Duette vorenthalten, das ich kenne: “Your endless dream” von der deutschen Band Get well soon.
Wer sie noch nicht kennt: Die Band ist ein Musikprojekt um Songschreiber, Sänger und Multiinstrumentalist Konstantin Gropper.
Lange Zeit dachte ich, dass es in ”Your endless dream” um Liebe geht, aber irgendwann ging mir ein Lämpchen an, dass das Thema wohl ein ganz anderes ist….
Good morning sister
Why so sad?
They broke your heart
You fell again.
Why is it they never let you
Be the one they miss when they’re blue?*
Als erstes singt Konstantin Gropper in seiner Rolle als Bruder.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich stelle mir, wenn ich dieses Lied höre, Bruder und Schwester an einem Sonntagmorgen in der Küche vor. Er macht Kaffee und sie kommt niedergeschlagen, mit zerzausten Haaren und Nachthemd in den Raum geschlurft.
Er fragt, warum sie so traurig ist, aber eigentlich weiß er es schon: “Sie” haben der Schwester mal wieder das Herz gebrochen, sie ist erneut auf die Nase gefallen.
Aber wer sind sie?
In meiner Vorstellung ist die Schwester eine Künstlerin, genauer gesagt, eine Theaterschauspielerin. Oder wahlweise auch eine Musikerin. Daher ist meine Theorie, dass es sich bei “sie” um Entscheidungsträger im Kulturbereich handelt, die für die Besetzung eines Stückes verantwortlich sind. Denn letztlich ist der Künstler auch immer von dem Gefallen wichtiger Leute abhängig, ob er mit seiner Kunst ein größeres Publikum erreichen kann.
Der Bruder fragt, warum diese Leute die Schwester nie diejenige sein lassen, die sie vermissen werden, wenn sie niedergeschlagen sind. Ich interpretiere diesen Satz wie folgt: Kunst, in welcher Form auch immer, hat mitunter eine tröstende Funktion – das heißt, wenn man traurig ist, kann man sich durchaus nach einem bestimmten Künstler sehnen. (In dem Sinne: Ich muss jetzt unbedingt XY hören/lesen, da fühl ich mich verstanden.)
Don’t you say
You’ve never been loved
Don’t you think
You’ll never be loved
Cos I hold your hand
Til the bleeding stops
I hold your hand
Til you fall apart
And dream
Your endless dream*
“Sag nicht, dass du nie geliebt worden bist. Sag nicht, das du nie geliebt werden wirst”. Die Schwester fühlt sich ungeliebt, doch ihr Bruder erinnert sie daran, dass er doch immer für sie da sein wird – bis der Schmerz nachlässt und bis zum bitteren Ende.
Good morning brother
I’m so sad
They broke my heart
I fell again
Why is it then never want me
To be the one that they want to see?
And it feels
Like I’ve never been loved
And it seems
Like I’ll never be loved*
Jetzt singt die Schwester (und zwar tatsächlich Groppers eigene Schwester, Verena) und wiederholt, was der Bruder zuvor schon gesungen hat. Die Stimme der Sängerin ist so voller Schmerz, zerbrechlich und gleichzeitig so kraftvoll, dass ich jedes Mal Gänsehaut bekomme.
Sie fragt, warum sie mit ihrer Kunst immer wieder scheitert und an Mauern stößt. Warum sie nicht dafür geliebt wird, was sie tut.
One by one they get you where you are now
And you’ll be further down that road
If you don’t stop fighting this war
One by one they tear up your heart
With their coldness and words
One by one you stop to feel
Your bleeding knees and heart
And everything that’s real*
Und dann gibt es noch eine eindringliche Warnung vom Bruder: Wenn sie nicht aufhört, zu kämpfen, gegen sich selbst und von Selbstzweifeln geplagt, dann wird sie einen Weg gehen, den sie eigentlich nicht gehen will.
Die Kritiker – einer nach dem anderen – werden ihr das Herz zerreißen mit ihren kalten Worten. Und dann geschieht das Schlimmst, was einem Künstler passieren kann: Sie verliert ihre Sensibilität und stumpft ab – gegenüber guten und schlechten Emotionen. Doch Gefühle sind essentiell für einen Künstler und wenn sie diese nicht mehr bewusst spüren und verarbeiten, dann kann keine große Kunst mehr entstehen.
Was meint ihr? Denkt ihr, ich habe die Bedeutung des Liedes richtig erfasst? Oder habt ihr noch andere Ideen?
*Lyrics by Konstantin Gropper, Quelle